Zivilcourage?

(mupinfo) Neulich im Regionalexpress. Eine junge Frau sitzt mit verträumtem Blick im Großraumabteil und läßt die spätsommerliche Landschaft an sich vorübergleiten. Ein paar Stationen hat sie noch vor sich, der kurze Blick aufs Telefon zeigt keine Neuigkeiten an.

Auf einmal wird sie auf einen adretten Herrn aufmerksam, der gegenüber sitzt und sie gewinnbringend anlächelt. Sie lächelt zurück. Man wechselt ein paar Worte – und warum sollte man sich auch nicht gemeinsam die Zeit im Gespräch vertreiben?

Der Galan fühlt sich ermutigt, wirft sich in die Brust und versucht nun forsch, ein paar Komplimente an sein Gegenüber zu bringen.

Doch dann fällt sein Blick auf ein scheinbar belangloses Accessoire der Frau: ein einfacher Stoffbeutel, den sie achtlos auf ihre Tasche geworfen hat. Er gerät plötzlich ins Stocken, druckst ein wenig herum und faßt dann Mut zu folgender Frage:

„Entschuldigen Sie bitte! … Auf ihrem Stoffbeutel – der ohne Frage sehr hübsch ist – steht … ähm … THINGHAUS!?“

„Ja?“

„Aber bestimmt nicht das THINGHAUS was immer in der Presse steht. Das THINGHAUS in Grevesmühlen, was von üblen Neonazis und ihren Anhängern aufgebaut worden ist?“

Ein kurzes Schweigen, dann folgt gerade heraus die nonchalante Antwort:

„Oh doch!“

Nur einen Augenblick später ist der Kavalier aufgesprungen und hat wortlos das Abteil verlassen. Mit „so etwas“ möchte er wohl nichts zu tun haben, denkt sie sich lachend. Heutzutage genügt also schon der Anblick eines Stoffbeutels, um demokratischen Heißspornen das Gemüt abzukühlen.

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